Stellungnahme zum Bebauungsplan Altvolberger Wiese

Gestern wurde sie eingeworfen: Die Stellungnahme zum Bebauungsplan Altvolberger Wiese, die auf die Defizite im Klimaschutz hinweist.

Angefangen mit der vorgeschriebenen aber fehlenden Abwägung der Klimabelange nach Baugesetzbuch und der fehlenden Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz enthält die Stellungnahme 10 konkrete Punkte zur Berücksichtigung von Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken bzw. der Anpassung an den Klimawandel dienen.


An die Bürgermeisterin der Stadt Rösrath, Referat Planung

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen der Offenlage zu B-Plan Nr. 121 Altvolberger Wiese nehme ich Stellung und bitte um Berücksichtigung nachfolgender Punkte.

Fehlende Abwägung der Klimabelange nach §1a BauGB Abs. 5

In den Unterlagen des Bebauungsplan wurden zwar verschiedene Artenschutzprüfungen und andere Umweltbelange eingearbeitet, allerdings erfolgt keine bzw. keine ausreichende Berücksichtigung von Klimabelangen nach §1a Abs.5 BauGB.
Es genügt nicht, eine „Berücksichtigung der Anforderungen des Klimawandels“ (Abschnitt 7.1) oder eine „klimafreundliche Umsetzung“ (Abschnitt 3) lediglich zu behaupten – ohne konkrete Details zu benennen.
Auch für eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels lediglich auf die Dachbegrünung und Festsetzung von Pflanzung/Pflanzenarten abzustellen, greift zu kurz.

Das BauGB verlangt vielmehr explizit, „Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden.“

Fehlende Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 24.3.2021 (1 BvR 2656/18 u.a.)

Dieser Beschluss geht auf das Pariser Klimaschutzabkommen zurück (1,5-Grad-Grenze) und die Notwendigkeit, Treibhausgas(THG)-Emissionen zu vermeiden.

Das BVerfG hat in seinem Beschluss eine Verpflichtung des Staats, also auch der Kommunen, festgestellt – vgl. Leitsatz Nr. 2: „Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz. Dies zielt auch auf die Herstellung von Klimaneutralität“ und Rdnr. 198.
„In Konsequenz bedeutet dies aufgrund der bindenden Wirkung der verfassungsrechtlichen Vorgaben, dass jede staatliche Planung und jede staatliche Zulassung eines Vorhabens das Ziel der Klimaneutralität anzustreben hat, um eben im Zweifel keinen weiteren Beitrag zu den THG-Emissionen zu leisten.“ (aus: Ekardt, Heß, Wulff; BVerfG-Klima-Beschluss: Folgen für Bund, EU, Länder und Kommunen, EurUP 3 2021)

Somit hat auch die Stadt Rösrath bei der Festsetzung des B-Plans Nr. 121 das Ziel der Klimaneutralität anzustreben. Dies gilt umso mehr, da die Stadt Rösrath bislang keine anderweitigen materiellen Anstrengungen unternommen hat, in ihrem Regelungsbereich bzw. durch Nutzung der ihr gegebenen Möglichkeiten zur Reduktion bzw. Vermeidung von THG-Emissionen beizutragen.

Insofern halte ich es für notwendig, dass die Stadt Rösrath bei der Schaffung neuen Wohnraums (soziales Ziel) alle ihr möglichen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, ergreift.
Soweit diese nicht unmittelbar im B-Plan getroffenen werden können, fordere ich zu ergänzenden Maßnahmen wie einem städtebaulichen Vertrag auf.

Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken
Hierzu bietet insbesondere §9 Abs.1 Nr. 23 BauGB zahlreiche Möglichkeiten („Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte“).

Konkret rege ich an:

1. Für die Wärme- und Kälteversorgung die ausschließliche Nutzung von erneuerbaren Energien – unter Ausschluss von Holz bzw. Pellets – festzusetzen.
Denn: Jegliche CO2-Emissionen – auch aus Holz – sind zu vermeidende THG-Emissionen.

2. Die vollständige Nutzung aller Dachflächen durch Photovoltaik und/oder Solarthermie festzusetzen.
Denn: Jegliche Erzeugung erneuerbarer Energien ist wichtig zur Vermeidung von THG-Emissionen. Für die künftigen Eigentümer ist PV ohnehin von Vorteil, und zwar auf allen Dachneigungen und -ausrichtungen.

3. Die Errichtung eines kalten Wärmenetzes vorzuschreiben sowie die Nutzung dieses Netzes. Ein solches Netz dient der Steigerung der Effizienz von Wärmepumpen.
Denn: Luft-Wärme-Pumpen haben bei kalten Temperaturen eine geringere Effizienz. Gerade dann sind aber erneuerbar Energien knapp. Ein kaltes Wärmenetz kann im Sommer zur Kühlung dienen. Die künftigen Bewohner profitieren von geringeren laufenden Kosten.

4. Die Dämmung der Gebäude nach Passivhaus-Standard vorzuschreiben („Speicherung von Wärme“).
Denn: Dies dient der Reduktion des Energiebedarfs.

5. Effizienter Flächenverbrauch / kompakte Bauweise
Freistehende Einfamlienhäuser sind – selbst als Passivbauweise – energetisch ineffizient. Daher soll die Planung städtebaulich überarbeitet werden, so dass lediglich kompaktere Bauformen wie Reihenhäuser bzw. Mehrfamlienhäuser mit zwei Vollgeschossenen möglich sind. Die Bildung von Höfen fördert außerdem das soziale Miteinander bzw. das Zusammenleben mehrerer Generationen. Es kann für Rösrath nicht das Zielbild sein, die älteste Generation der Einwohner/-innen in isolierten Bereichen anzusiedeln, räumlich getrennt von jungen Familien.

6. Verkehr
Die auofreie Siedlung in Nippes zum Zielbild nehmend, soll den Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit gegeben werden, vorzugsweise mit Rad, ÖPNV oder zu Fuß unterwegs zu sein. Das heißt: 
– Die öffentlichen Flächen (Straßen, Wege) sollen so gestaltet werden, dass Radfahrende und Fußgehende gegenüber Autos bevorzugt werden. Dies umfasst auch die Gestaltung des überwiegenden Straßenanteils als verkehrsberuhigten Bereich.
– Abweichend von der Stellplatzsatzung soll nur ein Stellplatz pro Wohnung erforderlich sein. Statt dessen sollen ebenerdige geschützte bzw. abschließbare Stellplätze für Fahrräder (mind. 1 Fahrrad pro angenommenen Bewohner) vorgeschrieben sein. Ergänzend sollen öffentliche Flächen für Carsharing-Fahrzeuge vorgesehen werden. Ziel muss sein, dass Bewohner im Regelfall Carsharing-Fahrzeuge nutzen und kein eigenes Fahrzeug unterhalten. Parkplätze/-möglichkeiten im öffentlichen Raum werden reduziert.
– Eine angemessene Anbindung des neuen Baugebiets an den ÖPNV ist mit dem Kreis abzustimmen.

7. Baumaterialien
Beton verursacht bekanntermaßen hohe CO2-Emissionen in der Herstellung. Daher sollen bereits im Bau möglichst nachhaltige Materialien verwendet werden.

Für alle diese Anregungen/Festsetzungen gilt: Sie sind langfristig wirtschaftlich rentabel, also auch in diesem Sinne nachhaltig.

Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen
Außerdem rege ich an, dass die Stadt Rösrath der durch den fortschreitenden Klimawandel gestiegenen Wahrscheinlichkeit von extremen Wetter- und Naturereignissen Rechnung trägt. Die Flut vom 15./16. Juli 2021 ist vielen Bürgerinnen und Bürgern noch sehr präsent.
Daher sollten mindestens folgende mögliche Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel berücksichtigt werden:

8. Steingärten und Stein-Gabionen sind wegen der Hitzespeicherung gänzlich zu untersagen. Stattdessen sind Pflanz-Gabionen vorzusehen.

9. Im Sinne einer Schwammstadt sind neben Dachbegrünung und der Versickerungsanlage auch Regenwassertanks auf den einzelnen Baugrundstücken vorzusehen bzw. zu fördern. Um den extremer werdenden Niederschlägen Rechnung zu tragen, soll die Versickerungsanlage auf ein heute zehnjähriges Regenereignis vergrößert werden.

10. Die Gebäudearchitektur und Pflanzung soll auf künftig heißere Sommer ausgerichtet sein. Hierzu zählen Bäume, Grünfassaden und andere Maßnahmen, die die Aufheizung der Gebäude im Sommer abmildert. Entsprechende Festsetzungen sollen im B-Plan erfolgen.

Ich bitte Sie, die obigen Anregungen sorgfältig zu prüfen und deren Umsetzung ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Ich bitte Sie, bei der Abwägung nach §1 BauGB die Klimabelange ausreichend zu berücksichtigen und keinen Anlass für Klagen zu geben.

Ich bitte Sie abschließend, die Anregungen wohlwollend zu berücksichtigen, da alle Einwohner Rösraths vor den Folgen des fortschreitenden Klimawandels bestmöglich geschützt werden sollten. Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral werden. Das funktioniert nur, wenn Neubauten dies schon heute sind.

Ihre Kinder und Enkel werden es Ihnen danken.


Bebauungsplan Altvolberger Wiese ohne Klimaschutz

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